Kolonien - Schauplätze des deutschen Kolonialismus

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Deutsche Kolonien – Lüderitz

Lüderitz, im Süden Namibias, war die erste Gebiet, die unter deutschen Schutz gestellt wurde. Der Bremer Tabakhändler Adolf Lüderitz begann 1883 in der abgelegenen Gegend Land zu erwerben. Für 200 Gewehre und 100 Pfund Sterling kaufte er eine Bucht von Kapitän Fredericks II, der mit seinem Klan in der Gegend lebte. Einmal niedergelassen, weitete Lüderitz seine Kolonie immer weiter aus. Es war klar, dass er seine Investition im Notfall nicht hätte verteidigen können, schließlich besaß er kein Militär und keine politische Macht. Nach einigem Zögern willigte Reichskanzler Bismarck 1884 ein, Lüderitz staatliche Sicherheit zu garantieren. Der Startschuss für deutsche Kolonien.

Im August 1884 hisste eine abgeschlagene Gruppe aus Angestellten von Lüderitz, deutschen Soldaten und Angehörigen Fredericks II offiziell die deutsche Flagge in der Lüderitzbucht. Vielleicht dachten einige wirklich, dass es ein neues, sogar besseres Deutschland werden würde. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie von einem zweitem Indien träumten, dass England zu einem Weltreich verholfen hatte. Allerdings blieben die erhofften Gewinne aus und schon bald versiegte das Vermögen von Lüderitz. Unter großem Verlust verkaufte er sein Land an die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika. Die Kolonie erstreckte sich später über fast 1 200 Kilometer Länge von der südafrikanischen Grenze bis zum portugiesischen Angola im Norden. Im Gegensatz zu den anderen deutschen Kolonien wurde Deutsch-Südwestafrika, wie es nun genannt wurde, zu einer Siedlerkolonie, in der die Auswanderer eine Außenstelle des deutschen Reichs bilden sollten. Auf die knapp 200 000 Bewohnern kamen später etwa 12 500 Deutsche.

Als ersten offiziellen Verwalter des neuen Schutzgebiets entsandte das Deutsche Reich Ernst Göring, den Vater des späteren Nazi Reichsfeldmarschalls. Ausgestattet mit zwei Dutzend Soldaten hatte er die Aufgabe ein Gebiet größer als das deutsche Kaiserreich zu verwalten. Durch Schutzverträge wurden die meisten Kapitäne und deren Gefolgsleute praktisch unterworfen. Die deutschen Aggressionen sorgten immer wieder für Unruhen, die auch zu Görings Flucht in englisches Gebiet führten. Im Jahr 1904 entlud sich die Wut mit voller Wucht. Erst erhoben sich die Herero und später auch die Nama gegen die Deutschen. Immer weiter aufgerüstete Kolonialtruppen lieferten sich über mehrere Jahre erbitterte Kämpfe, die in dem Vernichtungsbefehls des Generals von Trotha mündeten. Die Mitteilung an die Hereros beginnt er mit den Worten „Ich, der große General der deutschen Soldaten, sende diesen Brief an das Volk der Herero. Die Hereros sind nicht mehr deutsche Untertanen.“ Ohne Rücksicht wurden die zurückweichenden Herero einschließlich Kindern und Frauen nach einer Schlacht in eine wasserlose Wüste getrieben, in der ein Großteil verendete. Gefangene wurden in Konzentrationslager gesperrt, von denen eines auf Haifischinsel, einer Halbinsel bei Lüderitz, eingerichtet wurde. Von den ursprünglich 100 000 Herero und Nama überlebte schätzungsweise nur ein Viertel.

Der erste Weltkrieg leitete das Ende der deutschen Kolonien ein. Nach drei Jahrzehnten unter deutscher Herrschaft wurde die Stadt Lüderitz vor einem Jahrhundert, im Herbst 1914, kampflos aufgegeben. Auf eine deutsche Entschuldigung für die Verbrechen wartete man in Namibia jedoch lange. Erst im Jahr 2004 sprach Entwicklungsministerien Wiecorek-Zeul über die moralische Verantwortung der Deutschen für die Toten des Hereroaufstandes, als er sich zum einhunderten Mal jährte. Noch heute kämpft die Vertretung der Herero vor einem amerikanischen Gericht um Wiedergutmachung für die beinahe Ausrottung ihrer Vorfahren. Bisher vergeblich.

Spuren in den deutschen Kolonien

Der Steinsockel an dessen Stelle einst die deutsche Flagge gehisst wurde, steht neben einer Fischfabrik. Ein paar Meter davor wartet eine Schlange müder Arbeiter auf den Bus in die Stadt. Außer dem Fabrikgebäude am Wasser gibt es bis hin zu den Hügeln am Rand der Bucht nur Sand zu sehen. Die Stadt Lüderitz befindet sich eine Bucht weiter und trägt immer noch den Namen ihres deutschen Gründers. Heute leben hier ungefähr 12 000 Menschen. Die Hauptstadt Windhoek, eine moderne Stadt ganz anders als Lüderitz, ist für die meisten Einwohner nur mit Minibussen zu erreichen. Eine lange Fahrt die irgendwo zwischen sieben Stunden und zwei Tagen dauert und wie mit einem Lineal gezogen durch die weitläufigen Landschaften führt. Das alte Diamantenperrgebiet hält Lüderitz auf Abstand zum Rest der Welt. Auf der einzigen geteerten Verbindung zur Außenwelt sind es noch 350 Kilometer bis zur nächst größeren Stadt. Das Zentrum wird immer noch von den Häusern der deutschen Siedler geprägt. Gut in Stand gehalten zählen die Bauten des Kolonialismus zu einer der großen Sehenswürdigkeiten in den Namibia Reiseführern. Alle paar Wochen legt ein Kreuzfahrtschiff an und überschwemmt die Innenstadt mit Urlaubern.

Es gibt noch einige deutschstämmige Buchtler, wie sich die Bewohner der Stadt nennen. Der deutsche Klub trifft sich in der alten Turnhalle. Eine Bar, die so auch in jeder tristeren Ecke in Deutschland stehen könnte. Jedes Getränk kostet 10 Namibia Dollar, was umgerechnet etwa 75 Cent entspricht und nur Mitglieder dürfen bestellen. Eine Art Stammtisch mit reichlich Bier nach „pure Reinheitsgebot“, Jägermeister, Armdrücken und Trinkspielen mit einem Plastikkrokodil das zuschnappt wenn man den falschen Zahn drückt. Auch die alte Kegelbahn ist noch in Betrieb. Jeden Donnerstag trainieren die Herren des Kegelvereins Radieschen begleitet von deutscher Schlagermusik.

Die Haifischinsel ist nur knapp zehn Minuten vom Zentrum entfernt. Die Straße führt vorbei am Hafen, an dem  auch die Diamantenschiffe liegen, wenn sie nicht vor der Küste wie überdimensionale Staubsauger den Meeresboden absuchen. Am Ende befindet sich ein Campingplatz, der bis auf ein paar Palmen größtenteils von Stein und Sand bedeckt ist. Eine Steintafel erinnert an Kapitän John Fredericks II und seinen Klan, der auf dem Land, das er einst Lüderitz verkauft hatte, in einem deutschen Konzentrationslager starb. Davon steht allerdings nichts auf der Tafel. Die Touristen, die größtenteils aus Südafrika kommen, erfahren von der Vorgeschichte des Campingplatzes meist nichts. Lieber werden sie in die Geisterstadt vor den Toren von Lüderitz geschickt, wo vom schweren Leben der Diamantenschürfer erzählt wird. Was in Lüderitz so deutsch erscheint ist eigentlich nur noch ein Gerippe, auf dem sich längst etwas Eigenes hochrankt. Aber auch wenn die deutsche Kolonialismus nur relativ kurz anhielt, dürfte es ein ziemlich nährreicher Boden gewesen sein. Um Festungen entwickelten sich Städte, auf deutschen Rassismus wuchs südafrikanische Apartheidpolitik.

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